Votivkapelle St. Jakobus in Reutenen

Die kleine Kapelle bietet für kaum mehr als vier Leute Platz. Sie ist nicht gedacht als Raum für Gemeindegottesdienste, sondern diente schon immer der persönlichen Andacht.

Die Kapelle wird auch „Gfrörnen-Kapelle“ genannt. Dieser Name und das überlieferte Erbauungsdatum 1643 deuten darauf hin, dass es sich um eine Votivkapelle handelt – ein Kapelle, die „ex voto“, wegen eines Gelübdes (religiöses Versprechen), errichtet wurde. Der 30-Jährige Krieg wütete im Bodenseeraum unerbittlich. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung verlor in den Kriegswirren durch Soldaten, die Pest oder wegen Hunger und Kälte das Leben.

Besonders durch die Pestepidemie im Winter von 1635 auf 1636 wurden die Orte am See und in Oberschwaben schwer heimgesucht. In Reutenen (gesprochen: Rittenne) waren sechs Pest-Tote zu beklagen. Pestbeulen ähnelten Frostbeulen am Körper und wurden daher wie diese als Gfrörnenbolla bezeichnet. Da eine See-Gfrörne in diesen Jahren nicht stattgefunden hat, liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei St. Jakobus in Reutenen  um eine Kapelle handelt, die eine oder ein Überlebender von Krieg und Pest erbaut hat.

In der Kapelle findet sich ein steinerner Altar mit einer massiven Sandsteinplatte. Die drei Heiligenfiguren und die Malerei werden der Entstehungszeit der Kapelle zugerechnet und sind eindrückliche bäuerliche Arbeiten. Die drei Figuren stellen Jesus an der Geißelsäule dar („Wies-Christus“), die trauernde Maria und den Heiligen Leonhard, der als Viehpatron verehrt wurde. Beachtenswert ist auch das schmiedeiserne Gitter in der Kapelle, das die Arma Christi („Waffen Christi“ – die Folter- und Leidenswerkzeuge, die bei der Kreuzigung Christi verwendet wurden)

Die Kapelle gehörte über Jahrhunderte zu einem Hof, dessen Hausname „Kapellebur“ war. Im Jahr 2004 wurde die Kapelle von der Gemeinde Wasserburg übernommen und grundlegend saniert. Reutener Bürgerinnen und Bürger betreuen die Kapelle und halten darin Andacht.

(Geografische Koordinaten der Kapelle St. Jakobus: 47.561443, 9.651255)

Wie ein Schriftzug über dem Eingang verrät, stammt diese Kapelle aus dem Jahr 1643

Jesus an der Geißelsäule („Wies-Christus“)

Alte Inschriften im Mauerwerk